Kulturentwicklung bei der Transformation der Volksbank in der Region eG

von Markus Meier, veröffentlicht im Geno Graph

 

Fusionen erzeugen Herausforderungen. Die Volksbank in der Region eG hat einen neuen, unkonventionellen Weg gewählt.

Bei der Fusion zweier Genossenschaftsbanken gibt es eine Vielzahl von Herausforderungen, die auf die Führungskräfte und Mitarbeitenden der Banken zukommen.

Von der Integration der Geschäftsprozesse bis zur Entstehung einer neuen gemeinsamen Unternehmenskultur – unterschiedliche Prozesse müssen zusammengeführt werden.

Die Bedeutung von Kulturentwicklung

Im Kern einer Organisation bildet sich die Unternehmenskultur ab und wirkt dadurch auf alle Akteure und Schnittstellen einer Organisation. So wird das im „TOP-Organisationsmodell” von Prof. Dr. Claus Nowak verdeutlicht. Eine aktuelle Studie von Heidrick & Struggles aus den USA zeigt, dass CEOs zur Steigerung des Mitarbeiteren-gagements und Geschäftsergebnisses auf Kultur setzen. Der führende Anbieter für internationale Führungsberatung befragte 500 CEOs weltweit über den Wert von Unternehmenskultur und ihren Beitrag zum Geschäftsergebnis. So nannten 71 Prozent der CEOs Unternehmenskultur als wichtigsten Faktor, der sich positiv auf die finanzielle Leistung auswirkt. Im Jahr 2021 waren es nur 26 Prozent. Die Studie zeigt, dass ein bewusster Fokus auf die Unternehmenskultur nicht von der Geschäftsstrategie getrennt werden kann.

Vor diesem Hintergrund hat der Vorstand der Volksbank in der Region eG neben der Entwicklung der Strategie für das neue Haus entschieden, das in der Fusion gebildete Teilprojekt Mensch & Kultur auch nach Abschluss des Fusionsprojektes noch bestehen zu lassen, um einen wichtigen Fokus auf Kulturentwicklung zu legen. In der letzten Sitzung des Lenkungsausschusses im Fusionsprojekt wurde das Projektteam beauftragt, einen Kulturentwicklungsprozess mit regelmässigen, kurzen Mitarbeiterbefragungen zu im-plementieren. Zur Unterstützung des Prozesses sollten verschiedene Tools untersucht und bewertet werden.

Letztendlich hat sich die Bank für das Tool Teambarometer des Schweizer Unternehmens Joineer entschieden. Bereits die Homepage präsentierte sich erfrischend anders und auch mit dem Tool werden neue Wege beschritten. Das beginnt bereits mit dem „Du” in der Anrede. Viel entscheidender ist aber der Prozess, den die Volksbank in der Region eG mit dem Tool abbilden konnte.

Die Befragungen ermöglichen es, in regelmäßigem Abstand den Puls der Mitarbeitenden zu fühlen, aber auch im aktiven Austausch mit innen zu sein. Denn der Kulturentwicklungsprozess besteht nicht nur aus einer Befragung. Die gesamte Belegschaft wird zu konstruktiven Feedbacks und zur Umsetzung konkreter Maßnahmen aktiviert und miteinbezogen.

Teambarometer arbeitet mit Feedforwards, eine einfache, aber sehr effektvolle Kommunikationsmethode aus der positiven Psychologie. Im Gegensatz zu Feedbacks, die sich auf die Vergangenheit beziehen, richten sich Feedforwards auf die Gestaltung der Zukunft. Die Mitarbeitenden werden motiviert, ihre eigenen Ideen für Verbesserungen einzubringen. Dadurch entsteht ein direkter Einbezug der Mitarbeitenden in den Kulturentwicklungsprozess.

Kurze Mitarbeiterbefragungen als Schlüssel zur Kulturentwicklung

Bei grossen Befragungen besteht häufig das Problem, dass ihre Wirkung verpufft. Grund dafür ist, dass die Kommunikation der Resultate meist spät erfolgt und die Ableitung von Massnahmen aus den Resultaten viel Zeit benötigt. Wenn diese dann vorliegen, sind die Resultate der Umfrage bereits veraltet.

Um aber einen nachhaltigen Mehrwert zu erreichen ist es wichtig, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zeitnah zu erkennen und Massnahmen davon abzuleiten. Die Mitarbeitenden sollen dabei erkennen, dass ihre Meinung ernst genommen wird und spüren, dass sie als Teil der Organisation aktiv zu Veränderungen beitragen können.

Und nicht zuletzt: Kurze Befragungen mit sieben bis 15 Fragen nehmen im Vergleich mit ausführlichen Fragebogen nur wenig Zeit in Anspruch.

Die Bereitschaft, an der Befragung teilzunehmen, nimmt zu. Gleichzeitig wird die Bearbeitung der Resultate einfacher.

Die Volksbank in der Region eG hat sich deshalb entschieden, regelmässige kurze Mitarbeiterbefragungen einzuführen. Diese Umfragen werden zu verschiedenen Themenblöcken wie Information/ Kommunikation, Führung, Meine Arbeit oder Identifikation durchgeführt. Die Mitarbeitenden können anonym eine Bewertung abgeben und gleichzeitig Feedforwards als Verbesserungsvorschläge verfassen. Diese sind grundsätzlich auch anonym, die Mitarbeitenden können aber selbst entscheiden, ob sie dieses Feedforward innerhalb ihres Teams mit Namen abgeben möchten. Direkt am Morgen nach dem Ende der Umfrage erhalten Führungskräfte und Mitarbeitende Zugriff auf die Ergebnisse. Diese gleichzeitige Information von allen Hierarchieebenen ist auch eine kulturelle Veränderung im Vergleich zur Vergangenheit.

Das zeitnahe Erfragen und die transparente Information zu den für die Bank relevanten Themen beflügelt also die Kulturentwicklung. Damit nun aber eine effektive Veränderung entsteht, ist ein weiterer Schritt notwendig: die Umsetzung der durch die Befragung gewonnenen Erkenntnisse.

Effektivität und Konsequenz bei den Besprechungen der Resultate

Dazu bedarf es im ersten Schritt der konsequenten Besprechung der Umfrageergebnisse und Feed-forwards. Aus diesen werden im Team konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation abgeleitet. Somit geschieht eine explizite Einbindung der Mitarbeitenden in den Verände-rungsprozess. Die Maßnahmen können sowohl für das eigene Team definiert, als auch im Bedarfsfall an andere Verantwortliche delegiert werden.

Durch die Unterstützung und Dokumentation

im Tool behalten Vorgesetzte und Prozessverant-wortliche dabei jederzeit den Überblick über den aktuellen Bearbeitungsstand – eine wesentliche Unterstützung in der Kulturentwicklung. Das Tool kann aber nicht die Kommunikation miteinander ersetzen.

Zu Beginn etwas Aufwand, aber es lohnt sich - erste Erkenntnisse

Grundsätzlich ist das Teambarometer intuitiv zu bedienen. Etwas Vorarbeit ist notwendig, aber diese lohnt sich. Wichtig ist eine Schulung der Führungskräfte, um ihnen aufzuzeigen, welcher Mehrwert mit diesem Prozess der Kulturentwicklung erreicht werden kann und sie ins Boot zu holen. Gleichzeitig ist eine zentrale Information an die Mitarbeitenden von besonderer Bedeutung.

Was ist das Ziel dieser Befragungen, was bedeutet ein Feedforward, wie sieht der Gesamtprozess aus? Es lohnt sich, Zeit in den Start zu investieren, um danach Wirkung zu erzielen.

In der Volksbank in der Region eG sind die ersten beiden Befragungen nun durchgeführt. Die Beteiligung war mit mehr als 75 Prozent bereits in der ersten Befragung hoch. Gleichzeitig war das Feedback aus den Teams vermehrt positiv. Die Befragungsergebnisse hängen sehr von den aufgerufenen Themen ab. Während sich die einzelnen Teams bereits gut gefunden haben, gibt es noch einige Herausforderungen in der teamübergreifenden Zusammenarbeit und der Kommunikation. So wurden Arbeitsgruppen zur Kommunikation und Verbesserung des Intranets ins Leben gerufen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Besprechungen der Umfrage-Resultate sehr konsequent von allen Führungskräften – vom Vorstand bis zu Teamleitenden – durchgeführt wurden. Somit konnte die Volksbank in der zweiten Befragung die Teilnahmequote leicht steigern. Denn die Mitarbeitenden haben erlebt, dass auf ihre Inputs reagiert wird und ihre Beteiligung eine Rolle spielt.

Fazit: Kulturentwicklung für eine erfolgreiche Fusion

Die Volksbank in der Region eG hat für ihre Kulturentwicklung einen neuen, innovativeren Weg gewählt. Durch die aktive Einbindung der Mitarbeitenden in den Prozess und den Fokus auf positive, zukunftsgerichtete Lösungen schafft die Bank eine Atmosphäre des Engagements, der Zusammenarbeit und des ständigen Lernens.

Die erfolgreiche Verschmelzung von Kulturen und die Schaffung einer gemeinsamen Identität sind entscheidend für das Gelingen einer Fusion.

Schliesslich ist Kulturentwicklung untrennbar mit der Strategie und dem Erfolg der Organisation verbunden.